Die Köpfe von La Chemise Lacoste


Die Köpfe von La Chemise Lacoste

Für die Inszenierung La Chemise Lacoste wurden Handpuppen angefertigt, die ihr als Teil der Inszenierung auf der unserer Studio-Bühne erleben könnt, gespielt von unseren Schauspieler*innen. Die Handpuppen sind nicht nur Teil des Stücks, sie müssen auch einiges aushalten. Insbesondere die detailgetreuen Köpfe der Handpuppen mussten gesondert angefertigt werden. Als Vorbild für die Handpuppen dienten unsere Ensemblemitglieder*innen Lola Fuchs und Anton Andreew, die während der ersten Probenphase von unseren Plastikern abgescannt, digital bearbeitet und in wunderschöne Handpuppen verwandelt wurden. Wie die Köpfe der Handpuppen entstanden sind und welche Schritte sich hinter dem Entstehungsprozess verbergen hat uns unser Plastiker Sebastian Steinhauer-Dsenne erzählt. Wir führen euch Schritt für Schritt durch den Prozess:

Der Scan

Vom Schauspieler zum 3D-Scan

Damit die Handpuppen als originalgetreue Ebenbilder der Schauspieler*innen auf unserer Studio-Bühne zu sehen sind, steht an erster Stelle ein 3D-Scan. Mit einem handgeführten 3D-Scanner wurden die Köpfe und Oberkörper des*r Schauspieler*innen von allen Seiten und Winkeln von Plastiker Sebastian Steinhauer-Dsenne abgescannt.

Plastiker Sebastian Steinhauer-Dsenne scannt den Kopf und Oberkörper von Schauspielerin Lola Fuchs. (Zeitraffervideo)

Was genau passiert bei einem 3D-Scan?

Die Schauspieler*innen müssen für den Zeitraum des Scans ruhig auf dem Stuhl sitzen, während Sebastian Steinhauer-Dsenne mit dem 3D-Scanner um sie herumgeht und versucht, alle Details von ihren Köpfen und Oberkörpern aus verschiedenen Winkeln aufzunehmen. Damit der Scanner zum Beispiel die Haare besser abscannen kann, werden diese angefeuchtet. Während des Scans sieht man nur ein helles Licht beim 3D-Scanner (siehe Video). Dieses helle Licht trifft in Form von Streifen auf die Oberfläche und speichert alle Details der Oberfläche exakt ab – er erkennt Oberflächen und Farben und fügt es zu einer Rohdatei eines 3D-Modells der*s Schauspielers*in zusammen. Vom menschlichen Auge sind die Streifen nicht erkennbar. Das jeweilige Abscannen dauert ca. eine Minute.

Weiterverarbeitung am PC

Von Scan zur fertigen 3D-Druck-Datei

Wie geht es nach dem Scan weiter?

Nach dem Abscannen wird das Ganze digital am PC weiterverarbeitet – hier wird in einer 3D-Datei der Kopf modelliert und für den Druck vorbereitet. Dabei können noch letzte Details hinzugefügt, Sachen entfernt oder Details nachgebessert werden, die der Scanner nicht aufnehmen konnte.

3D-Datei von Anton Andreews Kopf.

Muss bei der digitalen Bearbeitung noch viel nachgebessert werden?

Ein Bereich, der im Nachgang am PC nachbearbeitet werden muss, ist die Augenpartie, da der 3D-Scanner den Glanz in den Augen nicht zu 100% erkennt und hier für die Echtheit im Nachgang ein wenig Bearbeitung nötig ist. Auch weitere Details können so vor dem Druck noch für das gewünschte Resultat nachgebessert werden. Für unsere Handpuppen waren noch zwei weitere Schritte wichtig, die digital hinzugefügt wurden. Einerseits wurde um den Hals ein Kranz ergänzt, auf dem später das Kostüm der Handpuppe aufsitzt. Dieser Kranz dient als Schultertattrappe, um der Handpuppe mehr Lebendigkeit zu verleihen. Um die Köpfe sozusagen „spielbar“ zu machen, mussten diese am PC digital von innen ausgehöhlt werden, um Raum für die Hände bzw. für die Finger der Schauspieler*innen zu schaffen.

Der Aufbau eines Kopfes (Anton Andreew) von Kranz bis Scheitel schichtweise aufgebaut. Gut sichtbar ist hier auch die Höhle im Kopf.

Der 3D-Druck

Jetzt geht es an den Kopf: die 3D-Datei wird in den 3D-Scanner geladen und jetzt kann der Kopf endlich gedruckt werden. Hier werden per Stereolithografie, einem der ältesten additiven Fertigungsverfahren, schichtweise Objekte aufgebaut. In diesem 3D-Druckverfahren wird aus einem flüssigen (Photopolymer-)Harz ein Objekt erstellt, indem ein Laser schichtweise dieses Harz punktgenau aushärtet.

Wie genau kann man sich das vorstellen?

Der Drucker verwendet einen UV-Laser, welcher die Form des gewünschten Objekts auf die Oberfläche eines Behälters gefüllt mit rosa oder grauer Flüssigkeit (Harz) aufträgt. Dabei wird der Kopf immer wieder in diese Flüssigkeit getaucht während der Laser die Flüssigkeit Schicht um Schicht aushärtet. So baut sich langsam ein Kopf samt Stützstruktur auf.

Prozess des 3D-Drucks: Das Eintauchen in die Flüssigkeit und das Aushärten der Flüssigkeit durch den Laser. Auch sichtbar ist die Stützstruktur.

Was sieht man auf dem Video?

Hier sehen wir den Prozess des Eintauchens und des Aushärtens durch den Laser. Die obere Plattform fährt in den Behälter mit Harz, worauf der Laser die erste Schicht aushärtet. Dann hebt sich die Plattform um die gewünschte Schichtstärke hoch. Der Laser härtet nun die nächste Schicht aus und verbindet so die vorherige und die neue Schicht. Das wird dann Schicht für Schicht wiederholt bis der komplette Kopf fertiggestellt ist. Bei unseren Köpfen handelt es sich um bis zu 800/900 einzelne Schichten. Ein einzelner Druck dauert ca. 12Stunden meist läuft er dann über Nacht. Während des Druckens wird sowohl innen als auch außen ein kleines Gerüst, ein Stützgitter, im Druckprozess hinzugefügt, welches nach dem finalen Aushärten mit einem Dreh entfernt werden kann. Am Ende des Drucks gab es rosa Frauenköpfe und graue Männerköpfe.

Nach dem Druck werden die Köpfe mit Isopropanol gewaschen und die Stützgitter innen und außen entfernt sowie der Kopf von kleinen Rückständen des Stützgitters gereinigt. Zum weiteren Aushärten wird der Kopf mit UV-Licht bestrahlt.

Finales Aushärten der Köpfe bei UV-Licht – hier der Kopf von Schauspielerin Lola Fuchs.

Die Köpfe werden bunt

Wenn die Köpfe komplett ausgehärtet sind, werden sie im letzten Schritt bemalt. Als Vorlage dienten Fotos der Schauspieler*innen Lola Fuchs und Anton Andreew. Neben der Hautfarbe kamen noch die Haare, Augen- und Mundpartie hinzu. es wurden ca. zwei Köpfe pro Tag bemalt. Insgesamt gibt es vier Frauen- und vier Männerköpfe.

Vom Scan bis zum fertig begemalten Kopf sind ca. zwei Wochen vergangen. Weitere Köpfe wurden auch in einer Silikonform hergestellt – der Prozess dauert hier nur zwei Stunden. Wie die Köpfe bzw. die Handpuppen Live in Aktion aussehen, seht ihr hier: