Wem gehört die Stadt

Wem gehört die Stadt

Wenn Kashuba fragt „Wem gehört die Stadt?“ sucht die Frage nicht nach der Identifizierung von Akteur*innen der Stadt, die die Stadt in Besitz genommen haben. Es stellt sich eher die Frage, wer Repräsentant*innen der Stadt sind, welche Geschichten erzählt werden, wer die Geschichten erzählt, welche Narrative in der Stadt hör- und sehbar sind. Eine Frage mit deren Beantwortung die Stadt sich zu dem macht was sie sein möchte. Wir, die Stadtdramaturg*innen fragen uns als Teil des Schauspiel Dortmund zusätzlich, „Wem gehört das Theater?“ und im Zuge dessen, „etwa denen, denen auch die Stadt gehört?“. 

Vom dominierenden ,,Wir “ ausgeschlossene, national-kulturell Ethnisierte sind Narrative gewöhnt, die ihre Realität nicht mitdenken. Narrative des dominierenden ,,Wir” sind national gedacht und werden weiß imaginiert. Deshalb stellt sich die weitere Frage Wer braucht Theater?“, etwa die, denen ohnehin die Stadt gehört? Denn die Stadt gilt zwar als demokratischer Ort, doch ist Mitsprache an nationale Zugehörigkeit gebunden. So bietet dieser demokratische Ort mit seinen Narrativen Identifizierungsmomente für Menschen die in nationalen Vorstellungen, sowie der Stadtgesellschaft als selbstverständlich zugehörig anerkannt werden, und mitsprechen können, während Menschen, die als anders markiert werden, weder eine Zugehörigkeit zu dem Land in dem sie leben, der Stadt in der sie leben anerkannt wird. Was agt das über ihre Mitsprachemöglichkeit aus? Ihnen wird, eine Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stadtteil zugesprochen. Dass dieser gleichzeitig problematisiert wird, sorgt für die Wahrung eines überlegenen Selbstbildes des dominanten “Wir”. Dieser Vorstellung folgend kommt die Realität Marginalisierter in Narrativen des Stadttheaters selten vor. Bzw. oft nur dann, wenn über Marginalisierte gesprochen wird, oder sie über Themen die ihnen aus machtvollen Positionen zugeschrieben werden sprechen. Da globale sowie lokale Geschichte in das Stadttheater hineinwirkt, fragen wir uns, kann es sich das Theater erlauben seine Narrative auf der Unhörbarkeit bestimmter Stimmen aufzubauen? Kann es sich noch erlauben ahistorisch und apolitisch zu sein?Kann es sich erlauben sich selbst nicht zu reflektieren und die eigene Praxis zu problematisieren?

Als Stadtdramaturg*innen sind wir dabei die Stadt und das Theater in Hinblick auf die Intersektionalität von Machtdimensionen zu beleuchten. Dabei ist es eine grundlegende Arbeit uns von Imaginationen der Stadt, der Stadtgesellschaft und des Theaters zu lösen. Diese Imaginationen als gesellschaftlich vermitteltes, historisch gewachsenes und in ständiger Reproduktion befindendes Wissen zu begreifen und dies vergegenwärtigend eine Praxis zu etablieren, die persönliches nicht von professionellem Wissen trennt, sondern einsieht dass die persönliche Positionierung in die professionelle Praxis mit hineinwirkt.

Der nächste Schritt unserer Arbeit wird es sein Formen zu erproben die möglichst viele Realitäten mitdenken, imaginierte sowie materielle Räume schafft in denen Vernetzungen, Verbindungen und Selbstermächtigung möglich wird um eine Basis zu schaffen um gemeinsam produktiv werden zu können. Das Gemeinsame, das Unsichtbare, das Widerständige Dortmunds sind zentrale Motivatoren unserer Arbeit.

Immer in Hinblick auf die Fragen “Wer sind “wir” und für wen macht dieses “wir” Theater?”

Megha Kono-Patel, Stadtdramaturgie

Fußnoten:

1. Kaschuba,W: Wem gehört die Stadt? Für eine Re-Politisierung der Stadtgeschichte, in: Gemmeke, Claudia/ Nentwig, Franziska (Hg.): Die Stadt und ihr Gedächtnis. Zur Zukunft der Stadtmuseen, Berlin 2011, S. 17-25.

2. Die Stadt-Dramaturgie ist eine neues Arbeitsfeld, welche es zuvor am Theater Dortmund nicht gegeben hat und bundesweit einzigartig ist. Megha Kono-Patel und Bernice Lysania Ekoula bilden die Stadtdramaturgie und stellen sich in Hinblick auf das Arbeitsfeld Fragen bezüglich der Stadt und die in ihr unerzählten Geschichten.

3. Narrativ: Dominante Erzählform die Einfluss auf die Wahrnehmung auf die Umwelt hat. Wie wird etwas erzählt? Von wem? Welches Selbst- und Weltbild erzeugt sie bei Zuhörer*innen?

Marginalisierung: „An den Rand Drängung“. Einige zur Gruppe gemachten Menschen werden nicht in der Mitte der Gesellschaft gedacht, sondern an den Rand gedrängt. Aufgrund dessen werden die Möglichkeiten sich sozial, politisch und kulturell einzubringen beschränkt.

Machtdimension: Gesellschaft ist machtvoll geordnet. Dieses Ordnung sorgt für die Erzeugung einer Normalität auf verschiedenen Ebenen, die alles andere als Abweichung markiert.

Intersektionalität: Ist das zusammenwirken von mehreren Machtdimensionen, die für spezifische Erfahrungen sorgen, die nicht unabhängig voneinander zu denken sind.