Die Videowelt von Mädchenschule

Die Videowelt von Mädchenschule – das Videokonzept

Die vier Schauspieler*innen von Mädchenschule tragen weiße Kostüme, immer mal wieder wird auf diese projiziert. Was wird projiziert? Was steckt dahinter? Das erzählt uns VideoArtist Tobias Hoeft.
Das Videokonzept kam von Kostümbildnerin Lena C. Kremer, VideoArtit Tobias Hoeft hat es umgesetzt: eine schöne und spannende Verbindung aus weißen Kostümen und Videoprojektion entstand.

Was ist das Videokonzept von Mädchenschule?

Das erste Videoelement, dass wir sehen, ist eine Art „Kurzfilm“, der einen Teil der Vorgeschichte erzählt. Während wir hier zwar reale Menschen (als Figuren) projiziert sehen, sind wir trotzdem räumlich von diesen getrennt. Sobald das eigentliche Stück beginnt werden die Videoeinspielungen abstrakter.

Im Stück gibt es die Figur des „gealterten Jungen“, welche keiner einzelnen der SchauspielerInnen zugewiesen ist, sondern dessen Geschichte in durch Videoeinspielungen unterstützen Sequenzen von allen Vieren gemeinsam erzählt wird. Die weißen Kostüme von Lena C. Kremer, die auch das zugrunde liegende Videokonzept entwickelt hat, dienen hierfür als Projektionsfläche und zeigen auch das Verhältnis der anderen Figuren zum „gealterten Jungen“.

Die Projektionen brechen im Verlauf des Stückes aus diesen „beweglichen Flächen“ heraus und verteilen sich durch den gesamten Raum (Bühne: Nane Thomas), besonders in den späteren Szenen.




Video-Vorproduktion zu Mädchenschule

Videoartist Tobias Hoeft beim Videodreh zum „gealterten Jungen“. Das Video läuft am Anfang des Stücks Mädchenschule.

Bild- bzw. Videobeschreibung:

Die vier Schauspieler*innen sitzen an einem weißen Tisch in einem schwarzen Raum und sind jeweils in einer Fabre gekleidet. Valentina Schüler trägt die Farbe lila, links oben am Tisch. Linus Ebner trägt die Farbe blau, links unten am Tisch. Nika Mišković trägt die Farbe grün, rechts oben am tisch. Und Alexander Darkow trägt die Farbe gelb, rechts unten am Tisch. Tobias Hoeft läuft um den Tisch herum und filmt die Schauspieler*innen. Im Video spielen Valentina Schüler und Nika Mišković Schnick Schnak Schnuck im Hintergrund. Vorne am Tisch sprechen Linus Ebner und Alexander Darkow miteinander. Währenddessen filmt Tobias Hoeft von rechts die vier Schauspieler*innen am Tisch – besonders im Fokus ist Alexander Darkow.

Backstage beim Videodreh zum Video „gealterten Jungen“

Welche verschiedenen Videos gibt es im Stück?

Die vier Videomomente in Mädchenschule

  1. Video „Der gealterte Junge“
  2. Videomapping – Videoprojektion auf das Kostüm der stillstehenden Schauspieler*innen.
  3. Videomapping – Videoprojektion während die Schauspieler*innen bewegen.
  4. Videomapping – Videoprojektion über die Demonstrationen in Chile suf die stillstehenden Schauspieler*innen.

„Wie Ebner die Gedanken der Verstummten auf Schultafeln, Wände und Böden schreibt (Bühne: Christiane Thomas), öffnet die poetische Dimensionen des Stücks auch mit Humor. Er verliert seine Angst und findet wieder Worte. Eine Hoffnung, die auch die Videoeffekte (Lena C. Kremer/Tobias Hoeft) als Zeitbilder transportieren.“

Westfälischer Anzeiger, 19.10.2021

Der Stil der Videoeinspielungen basiert auf den Silhouetten der Schauspieler*innen in ihren weißen Kostümen. Im Verlaufe des Stückes verändern sich diese von Fotos diverser starrer Posen zu Bewegtbildern, welche ich im Probenprozess aufgenommen, mit diversen Extrahierungstechniken freigestellt und dann mit den animierten Farbflächen von Lena Kremer gefüllt habe.

Kleine Timeline vom Bild bis zur Projektion

1. Schritt

Bilder aufnehmen

Während der Proben werden Bilder aufgenommen

1. Schritt
2. Schritt

Extrahierungstechnik

Mit diversen Extrahierungstechniken werden die Bilder freigestellt

2. Schritt
3. Schritt

Farbflächen

Dann werden sie mit animierten Farbflächen gefüllt

3. Schritt
4. Schritt

Projektion

Die Bilder werden auf der Bühne auf das Kostüm projiziert

4. Schritt

Probebilder der Videoprojektionen auf das Kostüm: Während der Probephase wurde die Projektion auf die Kostüme bereits getestet.

Während die vier Hauptfiguren anfangs noch versuchen, die Posen des gealterten Jungen mit den eigenen Abzugleichen und sich in die Projektionen hineinzubegeben werden aus den starren, eher ikonischen Posen schließlich dynamische Bewegungen, die sich unabhängig von den realen Figuren im Raum bewegen.

Mit der Steigerung und Intensivierung der Handlung entwickelt sich so auch die Darstellung des „gealterten Jungen“ und des Verhältnisses der anderen Figuren zu diesem.

Am Ende des Stückes sehen wir noch einen anderen Einspieler, dieses Mal mit realen Menschen, welcher sich auf die tatsächlichen Ereignisse in Chile bezieht.

„Beeindruckend und prägend für den Abend sind die techno-bunten Scherenschnittvideos protestierender Menschen von Tobias Hoeft: Die Spieler*innen versuchen immer wieder, sich selbst in die flackernden Bilder einzufügen, ihre Position zu finden und zu halten – ein metaphorisches Spiel um Anspruch und Wirklichkeit revolutionärer Praxis.“

Theater heute, Januar 2022

Was ist Videomapping

Videomapping ist die Videoprojektion auf ein Objekt.

Beim Videomapping handelt es sich um eine passgenau abgestimmte Videoprojektion auf ein ausgewähltes Objekt. Als Objekt können Gebäudefassaden, Wände, Bühnenbilder, Kleidung etc. dienen. Es können die unterschiedlichsten Inhalte auf unterschiedlichste Objekte projiziert werden, dazu zählen Bilder, Videos, Effekte. Jedes von ihnen kreiert eine andere Illusion.


1. Damit dies gelingt, steht am Anfang das digitale Modell der Projektionsfläche. Hier wird mit einer speziellen Software die Projektionsfläche digital nachgebaut.

2. Die Inhalte (Bilder, Videos und Effekte) werden pixelgenau auf die Projektionsfläche angepasst, d.h. sie müssen auf die Größe der zu projizierenden Fläche millimetergenau abgestimmt werden.

3. Dabei werden auch die Einstellungen sowie die Position des Videoprojektors im Raum berücksichtigt. Die Position des Videoprojekts wird im Vorfeld bestimmt und bleibt dann unverändert.

Eine Reihe von Programmen, die bei der Videoprojektion zum Einsatz kommen, sind unter anderem: After Effects (Adobe), Discreet / Autodesk Combustion, Digital Fusion, Apple Shake / Motion, Nuke, discreet und Avid.

Zur Person: Tobias Hoeft

Video Artist

Seit Spielzeit 2017/18 am Schauspiel Dortmund

Tobias Hoeft, geboren 1982, bringt acht Jahre Video-Erfahrung aus Punk- und Hiphop-Musikvideos in seine Arbeit am Schauspiel Dortmund ein, wo er seit Beginn der Spielzeit 2017/18 als Mitglied der Videoabteilung tätig ist. Er wirkte u. a. bei Die Borderline Prozession mit und war Live-Kameramann bei Triumph der Freiheit #1 (Regie: Ed. Hauswirth) und Einstein on the Beach (Regie: Kay Voges) sowie Teil des Videoart-Teams von Die Schwarze FlotteBiedermann und die Brandstifter/Fahrenheit 451 war seine erste Arbeit für die große Bühne des Schauspielhauses. In den Produktionen Schöpfung (Regie: Claudia Bauer), Die Parallelwelt – Eine Simultanaufführung zwischen dem Berliner Ensemble und dem Schauspiel Dortmund (Regie: Kay Voges), Jan Friedrichs Inszenierung Hedda Gabler sowie bei Kay Voges‘ Dortmunder Abschiedsinszenierung ►PLAY: Möwe | Abriss einer Reise war Tobias Hoeft der Live-Kameramann. Für die Uraufführungen Everything Belongs to the Future und Familien gegen Nazis  (Regie: Laura N. Junghanns) sowie für Tartuffe (Regie: Gordon Kämmerer) übernahm er die Videoart.

In der Intendanz von Julia Wissert war er bei den Produktionen 2170 – Was wird die Stadt gewesen sein, in der wie leben werden? (Regie: Julia Wissert), Mädchenschule (Regie: Anna Tenti) und er war bei der Digital Raum Bühne beteiligt. Auch war er als Kameramann bei dem experimentellen Theater-Road-Trip Autos (Regie: Florian Hein) dabei. In der Spielzeit 2021/22 ist Tobias Hoeft als Live-Kameramann bei Ödipus auf dem Mars (Regie: Florian Hein) sowie DIE TONIGHT, LIVE FORVER oder Das Nosferatu Prinzip (Regie: Paul Spittler) mit auf der Studiobühne.

Für Faust war Tobias Hoeft zum ersten Mal für das Bühnenbild verantwortlich und übernahm die Videomapping-Arbeit.

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